Positionierung der LAGO zum GaFöG
Wir appellieren an das Kultusministerium, die Landesregierung und die politischen Entscheidungsträger*innen:
• Verankern Sie Kinderrechte und Partizipation verbindlich im Qualitätsrahmen für Ganztagsbildung!
• Stellen Sie sicher, dass Ganztagsschulen als Lebensorte gestaltet werden, in denen Kinder sich sicher fühlen, sich entfalten und mitbestimmen können!
• Fördern Sie die Kooperation zwischen Schule, Kinder- und Jugendarbeit sowie weiteren außerschulischen Partnern im Sozialraum!
• Investieren Sie in qualifiziertes Personal und verpflichtende Fortbildungen zu Kinderrechten und Partizipation!
Die Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes ist eine gemeinsame Aufgabe von Land, Kommunen, freien Trägern und der Zivilgesellschaft. Wir stehen bereit, diesen Prozess partnerschaftlich und konstruktiv zu begleiten. Nur gemeinsam gelingt es, Ganztagsbildung in Baden-Württemberg zu einem echten Gewinn für alle Kinder zu machen.
Die Ganztagsschule vom Kind aus denken und an den Kinderrechten orientieren
Kinder im Ganztag verbringen an Schultagen bis zu acht Stunden in der Schule. Das ist an diesen Tagen ungefähr die Hälfte ihrer wachen Zeit. Wenn Kinder am Ganztag teilnehmen, halten sie sich also einen relevanten Teil ihrer Lebenszeit an der Schule auf. Schule stellt somit einen zentralen Lebensort von Kindern dar. Dies bedeutet auch, dass der Ganztag nach der Familie der wichtigste Ort der Sozialisation von Kindern ist und ergänzend zum Unterrichtskontext weiten Raum für soziale Anlässe und Situationen eröffnen muss. Dies meint auch ganz konkret eine räumliche Ausweitung auf den Sozialraum.
Ganztag muss so gestaltet sein, dass Kinder einen Lebensraum vorfinden, in dem sie sich sicher fühlen, sich umfassend entfalten können, und wo sie mitbestimmen können, wie sie ihre Zeit verbringen. Mit den Schutz-, Förderungs- und Partizipationsrechten von Kindern bringt dies die in Deutschland rechtsverbindliche UN-Kinderrechtskonvention zum Ausdruck. Die Umsetzung dieser Rechte ist ein zentraler Aspekt guter Qualität im Ganztag, der bisher in Schulen noch zu wenig im Fokus steht. Kinderrechtebildung ist Demokratiebildung und wird vor allem in der praktischen Partizipation am Schulleben gelernt.
Wir fordern deshalb:
Kinderrechte an der Schule umsetzen!
– Schule muss ein Ort sein, an dem die UN-Kinderrechtskonvention umfassend umgesetzt wird.
– Kinder müssen an der Schule als Subjekte und Träger eigener Rechte wahr- und ernst genommen werden.
– Die Mitbestimmung von Kindern bei der Gestaltung des Ganztags muss im Schulkonzept verankert sein und praktiziert werden.
– Ganztagesförderung muss inklusiv ausgerichtet sein, d.h. die gleichberechtigte Teilhabe an Angeboten der Ganztagesförderung und die optimale individuelle Förderung aller Kinder (unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen und ihrer Herkunft) muss gewährleistet sein. Dies benötigt ein umfassendes Verständnis von Bildungsförderung aller Beteiligten.
Sichere und kindgerechte Umgebung schaffen!
– Kinder müssen sich an ihrer Schule sicher fühlen und sicher sein. Deshalb müssen die verpflichtenden Kinderschutzkonzepte im Ganztag verlässlich umgesetzt und praxistauglich in der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren Schule und Kooperationspartner*innen abgestimmt werden.
– Kinder brauchen im Ganztag qualifizierte Ansprechpersonen, denen sie sich anvertrauen können.
– Die Schulräume und Außenbereiche müssen unter Beteiligung von Schüler*innen so gestaltet sein, dass Kinder sich dort wohlfühlen und sich entfalten können. Dies bedeutet, dass es sowohl Möglichkeiten zum Lernen und Spielen, als auch zum Rückzug und zur Erholung geben muss.
Schulische und außerschulische Bildungsorte und -konzepte verknüpfen!
Wir wünschen uns eine schnelle, unbürokratische Lösung in der Anerkennung der Rechtsanspruchserfüllung, ohne dass die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit darunter leiden oder in Frage gestellt werden.
– Ganztagsschule muss den Sozialraum einbeziehen und darf nicht nur auf dem Schulgelände stattfinden. Dabei sollen nach örtlichen Gegebenheiten möglichst Kooperationen mit außerschulischen Partnern eingegangen werden, z.B. mit Trägern der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, Vereinen, Jugendverbänden und weiteren örtlichen Einrichtungen, ggf. auch über den engeren Sozialraum hinaus.
– Pädagogische Ansätze der Kinder- und Jugendarbeit bieten einen wichtigen Ausgleich zum formalen Bildungsort Schule und ergänzen durch alternative lebensnahe und vielfältige Lernformen die Angebote des Ganztags. Kooperationen von Ganztag und außerschulischer Kinder- und Jugendarbeit bieten neue Lernkulturen, die das Gesamtkonzept der Ganztagsschule erst stimmig machen.
– Gestaltungsfreiräume, Partizipation und Wahlmöglichkeiten für Kinder, sowie Aufenthalt außerhalb des Schulgeländes müssen insbesondere für die Ferienzeiten gelten. Hier wünschen wir uns, dass bereits gute, bestehende Angebote durch die Offene Arbeit mit Kindern im Ganztag berücksichtigt und als Kooperationspartner auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Ferien sind elementar wichtig für die Erholung und Entwicklung
indem sie Zeit für Spiel, Freizeit und Freundschaften eröffnen. In dieser Zeit sollen keine schulischen Leistungsanforderungen an die Kinder gestellt werden.
Gute Rahmenbedingungen bereitstellen!
– Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte müssen ein gemeinsames Ganztagsschulkonzept erarbeiten und verantworten und in der Umsetzung kooperativ zusammenarbeiten. Dazu sollen auf der Grundlage eines gemeinsamen Bildungsverständnisses die Rahmenbedingungen geklärt und in einer verbindlichen Kooperationsvereinbarung festgehalten werden. Bei der Erarbeitung des Ganztagesschulkonzepts sollen Schüler*innen altersgerecht einbezogen werden.
– Der Ganztag muss von qualifizieren Fachkräften geleitet werden. Für Nicht-Fachkräfte braucht es fundierte pädagogische Basisqualifikationen, orientiert am Modell der verlässlichen Kooperationen der AG außerschulische Partner im Ganztag.
– Kinderrechtebildung und Partizipation müssen fester Bestandteil der Fortbildung, sowohl von Lehrkräften als auch von pädagogischen Fachkräften sein.
– Alle Angebote des Ganztags müssen für alle Kinder und Familien finanziell leistbar sein.
– Angebote aus der Offenen Arbeit mit Kindern müssen weiterhin für alle Kinder und Familien erhalten bleiben, damit auch Kinder ohne Anmeldung im Ganztag Zugang zu attraktiven Freizeitangeboten haben.